
Sozialarbeit und
Kulturarbeit
der Jüdischen Gemeinde Weiden
Jahresbericht 2002
Ehrenamtliche Tätigkeit:
Sie ist ein fester Bestandteil in unserer
Arbeit geworden. Ohne unsere Helfer ginge gar nichts mehr. Sie sind da, wenn es
sich um Ehrenämter bei den religiösen Angelegenheiten handelt, oder wenn es
innerhalb der Gemeinde nötig ist, irgendwo Hand anzulegen. Bei Tagungen auf
Bundesebene stellen wir immer wieder fest, dass ein so großes Gemeindeengagement
bei den Zuwanderern nicht selbstverständlich ist. Aber es zeigt, dass man auch
Menschen für einen Dienst begeistern kann, den sie von "drüben" so nicht kennen.
Die Jüdische Gemeinde Weiden hatte nach
dem Krieg keine kontinuierlich arbeitende "Chewra Kaddisha" (1) mehr gekannt.
Seit der Zuwanderung haben wir es geschafft, dies hier wieder aufzubauen.
Auch unsere "Shabatt-Frauen" rekrutieren
sich aus den Zuwanderern. Sie sind verantwortlich, dass am Freitagabend für alle
Gemeindeangehörigen nach dem Gottesdienst auch für den Kiddusch gesorgt ist. Das
gemeinsame anschließende Zusammensein nach dem Gebet bei einem Imbiss - nachdem
der Segensspruch über Brot und Wein gesprochen wurde - fördert den Zusammenhalt
untereinander und man kann und muss auch über andere Dinge als nur die
alltäglichen Probleme sprechen, denn die Sprechstunde ist an diesem Abend
geschlossen.
Zudem haben diese Frauen auch die
Verantwortung übernommen für die Vorbereitungen zu den Feiertagen oder zu den
religiösen Familienfesten der Gemeindeangehörigen.
Dies zeigt die Bereitschaft, Ämter zu
übernehmen und auszufüllen, wenn man Vertrauen erfährt, angenommen und
aufgenommen wird.
Politische Lage
Dieses Kapitel haben wir im Jahr 2000 neu
aufschlagen müssen. Dabei haben wir erfahren, dass nicht alles, was wir erlebt
haben von außen auch so gesehen und beurteilt wurde. Die Vorfälle und Angriffe
der letzten beiden Jahre auf unsere Gemeinde und den Vorstand wurden nie
aufgeklärt. Das hat uns vorsichtiger gemacht und uns auch gezeigt, dass wir
unsere "Außenpolitik" doch ändern müssen.
Ein schaler Nachgeschmack bleibt, doch
nachdem die Leitung in der Abteilung Staatsschutz bei der Polizei gewechselt
hat, wollen auch wir einen neuen Anfang machen.
Die Lage bleibt nach wie vor gespannt,
unsere Feiertage finden unter Polizeibewachung statt und unsere Kinder lernen im
Religionsunterricht, wenn draußen der Polizeischutz steht. Und dennoch, wir
haben erfahren, auch damit zufrieden zu sein, dass wir wenigstens in unseren
Sorgen ernst genommen werden.
Die momentane angespannte politische
Weltlage tut ein übriges, uns weiterhin wachsam und in Atem zu halten.
Die Gemeinde ist gesichert – wie alle
jüdischen Gemeinden in diesem Land – nur wir in Weiden haben in den letzten
Jahren erst lernen müssen, dass das auch wirklich hier notwendig ist.
Anmerkung:
(1) Dies
lässt sich am ehesten mit der Hospizbewegung vergleichen. Nur ist es im Judentum
eine Kranken- und Sterbebegleitung seit alters her, die auch die "Tahara"
(rituelle Totenwäsche) mit einschließt. Gerade für letzteres ist nicht jeder
geeignet und er muss erst die tiefe Bedeutung und den Sinn dieses Dienstes
erkennen. Ebenso kümmern sich die Angehörigen der Chewra auch um die
Hinterbliebenen.
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