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Die Synagogenbauten der Neuzeit
Von der Betstube
zur ersten Synagoge:
Die Betstube im Tal
Nach Wolfram Selig
Die Zerstörung der Münchner Hauptsynagoge durch die Nationalsozialisten im
Juni 1938 bedeutete für die Juden der Stadt das Ende einer Entwicklung, die in
den vergangenen 150 Jahren nach und nach und mit vielen Rückschlägen schließlich
zur vollen Gleichberechtigung des jüdischen Bevölkerungsteils geführt hatte.
Nach der Vertreibung aus der Stadt im Jahre 1442 hatte es rund 300 Jahre
gedauert, bis sich Juden ab Mitte des 18. Jahrhunderts wieder fest in München
niederlassen konnten. 1750 gab es gerade wieder 20 Juden in der Stadt, 1781
waren es 53, bis 1790 war ihre Zahl auf 127 angestiegen.
(Quelle: Stadtarchiv München, Polizeidirektion)
Im 18. Jahrhundert war den Juden der Bau einer Synagoge und damit verbunden
die öffentliche Ausübung ihres Glaubens verboten. Sie hatten ab 1763 lediglich
eine Betstube in einem Privathaus im Tal 13. Das Haus gehörte damals Maria Sara
Langer, die es von ihrem verstorbenen Mann geerbt hatte. Sie heiratete dann
Johann Bromberger, der nach ihrem Tod ab 1765 alleiniger Besitzer dieses Hauses
war. Nach seinem Tod ging das Gebäude an seine zweite Frau Maria Theresia
Bromberger.
In einem Buch über "Die Häuser und Gassen der Stadt" wird dieses
Haus "Judenbranntweiners und Weiser Haus" genannt, "worin schon immer Juden
wohnten".
Beim Judenbranntweiner wohnte im zweiten Stock die Familie Abraham Wolf
Wertheimer, die angesehenste jüdische Familie Münchens in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts. Sie stammte aus Wien, wo sie eine bedeutende Rolle in der
Finanzwelt spielte. Abraham Wolfs Familie trat schon 1722 in
Geschäftsbeziehungen zum bayerischen Hof durch Darlehensvertrag und
Juwelenlieferungen zur Hochzeit von Karl Albrecht. Sie kam in den dreißiger
Jahren des 18. Jahrhunderts nach München, ursprünglich um ihre Forderungen gegen
den bayerischen Staat durchzusetzen, nachdem Karl Albrecht seine Zahlungen
eingestellt hatte.
(siehe
A.Cohen, Die Munchener Judenschaft 1750—1861, in Zeitschrift für die Geschichte
der Juden in Deutschland 4/1930, S. 265f.).
Abraham Wolf war "hiesig Churfürstlicher Hoffactor und zwar der älteste". In
einem Raum seiner Wohnung war die Betstube, in der sich die Münchner Juden zu
ihren Gottesdiensten versammelten. Dabei handelte es sich um "eine lange,
unverhältnismäßig schmale, viereckige Stube, die eine kleine, hölzerne, ärmliche
Lade hatte" mit lediglich "etwas über 50 Männerbetstühlen" .
(siehe
E. Kirschner,
Gedenket der Tage der Vorzeit, in: Bayerische Israelitische Gemeindezeitung
4/1926, S. 88).
Im Jahre 1798 war die jüdische Bevölkerung der Stadt auf 220 Personen
angewachsen: "Oberhäupter der Familien 35, deren Weiber 33, Kinder 98,
Dienerschaft 54" (laut
Judenschaftsdeskription, zitiert nach Cohen).
Die zunehmende Zahl der Juden in der Stadt, die sich als Gemeinschaft immer noch
quasi in rechtlosem Raum befanden, erforderte von Seiten der staatlichen
Instanzen Maßnahmen zur Einordnung unter die übrigen Untertanen. Erleichtert und
beschleunigt wurden diesbezügliche Bestrebungen durch das von der
französischen Revolution verkündete und verbreitete politische Gedankengut, das
ja u.a. die Gleichheit aller Bürger postulierte. Ein erster Schritt zur
"Eingliederung der Juden in das bürgerliche Leben der Haupt- und Residenzstadt"
war das "Regulativ über die Münchner Judenschaft" vom 17. Juni 1805". Dieses
Regulativ unterwarf die Juden zwar noch weitgehenden Einschränkungen, sprach
ihnen aber auch bestimmte Rechte zu.
Neben Niederlassungsbeschränkungen für
zweite und weitere Kinder jüdischer Familien standen in dem Regulativ u.a. die
offizielle Genehmigung der Religionsausübung, wenn auch nicht in der
Öffentlichkeit und in öffentlich zugänglichen Gebäuden, und die Erlaubnis zur
Anlage eines eigenen Friedhofes.
In der Mohren-Apotheke (rechtes Gebäude) im Tal 13
(hier der Bauzustand nach der Aufstockung 1847) befand sich im 2. Stock die
Betstube.Übergehen wir die folgenden Jahre, die gekennzeichnet waren durch die Suche
nach Lösung der Probleme, die sich aus der unterschiedlichen Lage der Juden in
den verschiedenen Landesteilen des aus unterschiedlichsten Territorien soeben
entstandenen Königreiches ergaben.
Am 10. Juni 1813 trat durch
Veröffentlichung im Regierungsblatt das sogenannte Judenedikt in Kraft, das
sowohl Rechte als auch zahlreiche Beschränkungen für die Juden in Bayern bis
ins Kleinste festlegte.
Für das hier zu behandelnde Thema ist von
ausschlaggebender Bedeutung, daß das Edikt die rechtliche Grundlage für die
Bildung von Kultusgemeinden und die Einrichtung von Gotteshäusern und
Friedhöfen schuf.
So gründeten zu
Beginn des Jahres 1815 in der bereits erwähnten Wohnung der Judith
Wertheimer, der Witwe Abraham Wolfs, 39 Männer die Israelitische
Kultusgemeinde. Ihre ersten Administratoren waren Israel Hirsch Pappenheimer
und Eduard Marx. Diese betrieben tatkräftig den Bau eines Israelitischen
Friedhofes. Für diesen Zweck wurde auf Beschluß der Gemeindemitglieder ein
Grundstück an der Thalkirchner Straße erworben. Bereits am 24. März 1816
fand hier die erste Beisetzung statt".
(siehe: Hauptsyn. München 1887-1938, München 1987, S.64f. Bei diesem Buch
handelt es sich um eine 'Neuauflage der "Festgabe, 50 Jahre Hauptsynagoge
München 1887—1937", München 1937, vgl E.Orthenau, Aus einer jüdischen
Familientruhe Münchens, in Hans Lamm, Vergangene Tage, Jüdische Kultur in
München, München-Wien 1982, S 110).
Von der Betstube
zur ersten Synagoge:
Die Metivier-Synagoge
an der Westenriederstraße
Am 21.April 1826 konnte die
junge Gemeinde die Einweihung der Synagoge an der Westenriederstraße feiern.
Erbaut wurde sie nach Plänen des Hofbaumeisters Metivier...
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