
Die Kulturarbeit
der Jüdischen Gemeinde Weiden
Jahresbericht 2001
Kulturelle Öffentlichkeitsarbeit:
Die Jüdische Gemeinde Weiden ist in der
Kulturlandschaft hier vor Ort bereits ein beständiger Faktor geworden. So
gesehen war unsere Entscheidung im Frühjahr 1995, unsere Türen für das
interessierte Publikum zu öffnen richtig.
Mit unseren Partnern, der Weidener
Volkshochschule und der Regionalbibliothek befinden wir uns seit damals in
kompetenter Zusammenarbeit.
So haben wir auch in diesem Jahr an den
10. bayerisch-böhmischen Wirtschafts- und Kulturtagen teilgenommen, und
zudem teils gemeinsam mit der VHS, der Regionalbibliothek , KZ-Gedenkstätte
Flossenbürg und dem Evangelischen Bildungswerk Weiden folgende Veranstaltungen
präsentiert:
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Januar: Michael Martens, "Josef Burg - ein
ostjüdisches Leben",
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März: Lesung: Ulrike Siebauer:“ Leo Perutz -
Ich kenne alles. Alles, nur nicht mich" - Fotoausstellung KZ-
Flossenbürg, alte Wäscherei : „Stumme Zeugen“, Fotografien: Erich Hartmann
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April: Gedenken zum Befreiungstag des
ehemaligen KZ-Flossenbürg
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Mai:Gitarrenkonzert: Roberto Legnani
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Juni/Juli: „Christen und Juden in Weiden“
eine Veranstaltungsreihe mit dem EBW, gemeinsamer Kinderbibeltag,
Frauenbegegnung, Podiumsdiskussion, Vortrag und eine Ausstellung zum Thema:
„Jüdisches Leben in Böhmen und Ostbayern“
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November: Cellokonzert Ariana Burstein:
Cello Recital von Bach bis Tango
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November: Gedenken an die Reichspogromnacht
Daneben
haben im Jahr 2001 insgesamt 9 Führungen mit Vorträgen in den Räumen der
Gemeinde gehalten. Dies ist erheblich weniger als all die Jahre zuvor. Aufgrund
unserer wochenlangen Generalsanierung konnten wir den Wünschen nach Vorträgen
nicht mehr nachkommen. Auch in diesem Jahr werden wir nicht mehr so viele
Möglichkeiten anbieten können. Bisher wurde dies immer, mangels anderweitiger
Möglichkeiten von der Vorsitzenden selbst gemacht. Ab diesem Jahr haben wir uns
entschlossen, dass auch unsere Zuwanderer dies, wenn auch in anderer Form
übernehmen können. Dies braucht allerdings Zeit, damit wir ein für sie
akzeptables Konzept entwerfen können.
Die Gemeinde Weiden arbeitet zudem im
Beraterkreis für die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg in Vertretung des
Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern mit an der neuen
Konzeptionierung. Die Beratungen finden viermal im Jahr statt. Ebenfalls
dabei mitgewirkt und unterstützt hat die Gemeinde auch im Juli 2001 das
alljährliche Überlebendentreffen, wobei wir die Dolmetscher für russisch und
ukrainisch stellen.
Zusätzlich haben Jugendliche aus unserer Gemeinde auch an dem damit verbundenen
internationalen Jugendaustausch teilgenommen und viele wertvolle
menschliche Kontakte geschlossen.
Des weiteren hat sich auch ein Kontakt
zum Jüdischen Gymnasium in Prag ergeben und Schüler von dort besuchten uns, Floß
und die Gedenkstätte Flossenbürg.
Ein wertvoller neuer Kontakt war für
uns der mit der evangelischen Kirche vor Ort. Das Kennenlernen, das
innerhalb verschiedener Frauenkreise mit unseren Frauen auch zu gegenseitigen
Einladungen am Jahresende geführt hatte, hat uns ermutigt, hier an der Basis
weiter zu machen.
Das Religionengespräch – ein neuer Weg in
Weiden
Der 11. September 2001 wird der
westlichen Welt immer als Gedenktag in Erinnerung bleiben. So schrecklich dieses
Ereignis in den USA war, so hat es doch auch gezeigt, dass vor Ort Menschen
zusammen rücken können über Religionsgrenzen hinweg.
Für Weiden hat dies bedeutet, dass sich
in einem - auf die Initiative des evangelischen Dekans vor Ort -
Religionengespräch die Vertreter der beiden Kirchen, der Muslimen und der
Juden zusammen gefunden haben und sich nunmehr einmal monatlich regelmäßig
austauschen.
Dabei wird versucht nach anfänglichem Kennenlernen über Religionsgrenzen hinweg
auf allen Ebenen ein gemeinsames Zusammenleben zu fördern und den dringend
notwendigen Dialog untereinander endlich in Gang zu setzen. Es gilt
Missverständnisse auszuräumen und auf einander zu zugehen. Das Vertrauen wächst
wie eine kleine Pflanze und muss noch sehr geschützt werden.
Die religiöse
Arbeit
Ausblick
Wie wird es weitergehen? Wir wissen es
nicht!
Machte sich aber am Ende des letzten Jahres Resignation breit, so wagen wir
jetzt wieder ein wenig mehr Optimismus. Langsam scheint sich auf religiöser
Ebene so etwas wird ruhigeres Fahrwasser abzuzeichnen. Vielleicht kann der
fliegende Fisch - dies dient oft als Metapher für unsere Gemeindearbeit - wieder
einmal zwischendurch schwimmen, was ja seine eigentliche Bestimmung ist.
Auf Verbandsebene bundesweit scheinen
auch so manche Zeichen darauf hinzuweisen, dass Neues im Werden ist. Die
Zuwanderer sind da und im Annehmen liegt unsere große Chance, denn viele
Menschen wollen sich einbringen und haben das Können dazu. Vielleicht ist es
unsere Aufgabe auf kleinster Gemeindeebene, der Mehrheitsgesellschaft
vorzuleben, dass das Annehmen des „Fremden“ eine Bereicherung des eigenen Ichs
sein kann. Und sind wir nicht alle immer wieder irgendwo Fremde und froh, wenn
man uns so nimmt, wie wir sind.
Denn wie steht schon geschrieben:
„Verachte keinen Menschen
und halte keine Sache für fern liegend,
denn es gibt keinen Menschen, der nicht seine Stunde
und keine Sache, die nicht ihren Ort hat.“
(Sprüche der Väter 4,3)
Gabriele Brenner, 1.Vorsitzende
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